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PANDA-Assessment – Anästhesie Journal Nr. 4 Dez 24


4. Dezember 2024

PANDA-Assessment: Wann ist der richtige Verlegungszeitpunkt im Aufwachraum?

 

Das «Postanaesthesia Discharge Assessment» (PANDA) ermöglicht, die Verlegungsreife von Patient:innen im Aufwachraum einzuschätzen. Das Instrument stellt einen bedeutenden Fortschritt für das Entlassungsmanagement im Aufwachraum dar.

Autor: Benjamin Albiez

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Im Aufwachraum liegt Frau Meier, 28 Jahre. Nach einer laparoskopischen Operation ist sie noch erschöpft und hat Schmerzen. Sie möchte gerne auf ihr Zimmer verlegt werden. Doch die Pflegefachpersonen behalten sie im Aufwachraum. Sie überwachen Frau Meiers Vitalwerte und stellen sicher, dass sie stabil bleibt. Wann ist der optimale Zeitpunkt, um Frau Meier auf die Abteilung zu verlegen?

Verlegungsreife feststellen: verschiedene Optionen
Die Überwachung von Patienten:innen im Aufwachraum wurde erstmals 1923 beschrieben (1). Seit 1940 gilt sie als Standard in Spitälern – mit dem Ziel, frühzeitige Komplikationen nach chirurgischen Eingriffen unter Anästhesie zu erkennen und zu therapieren. Seither haben sich in der klinischen Praxis verschiedene Prozedere für die Verlegung etabliert (2).

  • Die zeitbasierte Verlegung auf die Folgeabteilung (meistens eine Bettenstation) erfolgt nach einer definierten Zeitspanne.
  • Bei der Verlegung nach ärztlicher Visitation gibt eine Ärztin, ein Arzt die Patientin
    den Patienten zur Verlegung frei.
  • Anhand von vordefinierten Verlegungskriterien schätzen Pflegende den Zustand der Patientin, des Patienten in Bezug auf die Verlegbarkeitsreife ein. Beim Erreichen einer bestimmten Schwelle findet die Verlegung statt (2–4). Am bekanntesten ist der Aldrete-Score. Er kommt am häufigsten zum Einsatz. 1981 wurde er erstmals beschreiben und fand seinen Weg in Aufwachräume auf der ganzen Welt. 1995 wurde er überarbeitet und durch den Parameter «Sauerstoffsättigung» ergänzt. Der modifizierte Aldrete-Score beinhaltet die Kriterien «motorische Aktivität», «Atmung», «Blutdruck», «Bewusstsein» und «Sauerstoffsättigung» (5).

Verlegungsinstrumente dienen als effiziente und sichere Methode, um individuelle Verlegungsentscheidungen zu treffen, Wartezeiten zu reduzieren und die Effizienz im Aufwachraum zu steigern (2). Jedoch existiert bisher kein international anerkannter Goldstandard zur Beurteilung der Verlegbarkeit von Patient:innen im Aufwachraum.

Ausgangslage in der Schweiz
In der Schweiz definiert die Swiss Society for Anaesthesiology and Perioperative Medicine (SSAPM) acht Kriterien, die vor der Verlegung einer Patientin, eines Patienten aus dem Aufwachraum erfüllt sein müssen. Hierzu gehören «Bewusstsein», «Reflexe», «stabile kardiovaskuläre und respiratorische Funktionen» sowie «akzeptable Analgesie»(6). Die SSAPM empfiehlt jedoch kein Instrument mit einer klaren numerischen Bewertung dieser Kriterien. Im Vergleich dazu kommen international verschiedene Bewertungsinstrumente zum Einsatz, die auf numerischen Schwellenwerten basieren, z. B. der modifizierte Aldrete-Score (MASS) oder das REACT-Tool (5, 7). Diese Instrumente wurden bisher noch nicht ausreichend psychometrisch validiert (4).

Im Universitätsspital Zürich (USZ) basierte das Entlassungsmanagement auf vorgegebenen Zeiten und Verlegungen nach ärztlicher Visitation ohne Anwendung eines Verlegungsinstruments. Uneinheitliche Verlegungen und das häufige Avisieren von ärztlichen Kolleg:innen war die Konsequenz. Deshalb fiel der Entscheid, ein Verlegungsinstrument einzuführen. Eine Literaturrecherche diente dazu, herauszufinden, welches Instrument sich am ehesten für das USZ eignen würde.

Die Entwicklung von PANDA
Der Autor stiess auf das Readiness for Discharge Assessment Tool (RDAT) (4). Das in den USA entwickelte und psychometrisch validierte 10-Item-Instrument wurde 2021 in einem mehrstufigen Verfahren ins Deutsche übersetzt und an das Schweizer Setting angepasst. Ein Expertengremium aus dreizehn Fachärzt:innen der Anästhesie und dreizehn Pflegenden aus zwei Universitätsspitälern und einem Kantonsspital überprüfte jedes Kriterium und brachte Vorschläge zur Optimierung ein. Daraus entstand das «Postanaesthesia Discharge Assessment» (PANDA) für Erwachsene mit neun Items.

Wir führten es im Oktober 2021 im Patienten-Daten-Management-System (PDMS) im Aufwachraum ein. Das PDMS erfasst und bewertet dabei automatisch die Vitaldaten (Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung, Puls und Blutdruck). Währenddessen ergänzen Pflegefachpersonen manuell zusätzliche Parameter wie Vigilanz, Aktivität, Schmerz, chirurgische Blutung und Übelkeit.

PANDA im Einsatz
Wir nutzen PANDA für alle postoperativen Patient:innen im Aufwachraum – ausser nach grossen Operation der Kardio- oder Neurochirurgie sowie Sectio Caesarea. Diese Patient:innen werden direkt auf die Intensiv- oder Intermediate Care-Station respektive auf die Gebärabteilung verlegt.

Pflegefachpersonen erhalten beim Eintritt einer Patientin, eines Patienten in den Aufwachraum und danach alle 30 Minuten eine Push-Nachricht zur Komplettierung des Assessments. Dabei überprüfen sie die automatisch erfassten Daten und ergänzen die manuell zu erfassenden Informationen. Verlegungsfähigkeit besteht, wenn alle neun PANDA-Kriterien erfüllt sind. Sollte dies nach 150 Minuten oder fünf Assessments noch nicht der Fall sein, erfolgt die Verlegung nach ärztlicher Visitation. Falls eine Verlegung vor Erfüllung aller Kriterien notwendig sein sollte, ist ebenfalls eine ärztliche Visitation und Absprache mit der Folgeabteilung erforderlich.

Implikationen für die Praxis
Die Entwicklung des PANDA-Tools – basierend auf dem RDAT – stellt einen bedeutenden Fortschritt für das Entlassungsmanagement im Aufwachraum dar.

  • Mit PANDA hat das Universitätsspital Zürich ein standardisiertes und patientenorientiertes Instrument eingeführt, das die objektive Beurteilung der Verlegbarkeit von Patient:innen ermöglicht.
  • PANDA erleichtert den Pflegefachpersonen, relevante Parameter schnell und präzise zu erfassen. So steigert es die Effizienz und Sicherheit im Entlassungsprozess.

Eine standardisierte Bewertung der Verlegbarkeit ist essenziell, um postoperative Komplikationen zu minimieren und die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern (3).

Im einleitenden Beispiel waren bei Frau Meier nach 94 Minuten alle neun PANDA-Kriterien erfüllt und sie wurde auf ihr Zimmer verlegt.

Literatur

  1. Apfelbaum JL, Silverstein JH, Chung FF, Connis RT, Fillmore RB, Hunt SE, u. a. Practice Guidelines for Postanesthetic Care: An Updated Report by the American Society of Anesthesiologists Task Force on Postanesthetic Care. Anesthesiology. 1. Februar 2013;118(2):291–307.
  2. Revell CC, Rice AN, Gupta DK, Muckler VC. Implementation of Physiological Scoring to Determine Discharge Readiness for Patients Undergoing Otolaryngology Head and Neck Procedures. Journal of PeriAnesthesia Nursing. 1. Juni 2019;34(3):529–38.
  3. Phillips NM, Street M, Kent B, Haesler E, Cadeddu M. Post-anaesthetic discharge scoring criteria: key findings from a systematic review. JBI Evidence Implementation. Dezember 2013;11(4):275–84.
  4. Ecoff L, Palomo J, Stichler JF. Design and Testing of a Postanesthesia Care Unit Readiness for Discharge Assessment Tool. Journal of PeriAnesthesia Nursing. 1. Oktober 2017;32(5):389–99.
  5. Aldrete JA. Modifications to the postanesthesia score for use in ambulatory surgery. Journal of PeriAnesthesia Nursing. 1. Juni 1998;13(3):148–55.
  6. Czarnetzki C, Eichenberger U, Ellenberger C, Noser A, Becker S, Grape S. Überwachung und Betreuung nach Anästhesien. SGAR; 2014.
  7. Fraulini KE, Murphy P. R. E. A. C. T. A New System for Measuring Postanesthesia Recovery. Nursing2021. April 1984;14(4):101–3.

 

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